Schaudepot Boijmans van Beuningen Rotterdam, NL

Kunst:voll verspiegelt

Indem das Schaudepot Boijmans van Beuningen seiner Umgebung den Spiegel vorhält, nimmt es sich selbst weitestgehend zurück. So unscheinbar die VISS Structural Glazing Fassade aus den gewölbten Spiegelpaneelen auch wirken mag: Sie entspricht der Einbruchhemmung RC4. Denn innen lagern Kunstwerke von schier unschätzbarem Wert.

Mit dem Schaudepot Boijmans van Beuningen haben MVRDV Architekten einen neuen Bautypus geschaffen: ein öffentlich zugängliches Kunstlager, in dem sämtliche Werke einsehbar sind. Die umfangreiche Sammlung, immerhin über 151.000 Werke aus sieben Jahrhunderten, wird hier nicht nur aufbewahrt und gepflegt, sondern auch ausgestellt. Mit Blick auf die unterschiedlichen konservatorischen Anforderungen verfügt das Depot über mehrere Klimazonen in verschiedenen Raumsequenzen, die vom zentralen Atrium aus erschlossen werden. Sein raffiniertes Inneres sieht man dem Gebäude von aussen nicht an – „de Pot“, wie die Niederländer salopp sagen, ist rundherum und von oben bis unten verspiegelt. Für seine einzigartige Gestaltung wurde das Schaudepot mit dem niederländischen Glas Award 2021 ausgezeichnet und nun auch von Architectenweb, der Online-Plattform schlechthin für Architekten in den Niederlanden, zum Public Building of the Year 2021 gekürt. Unter anderem, weil die verspiegelte, konvexe Form überraschenderweise dazu führt, dass man ebenerdig die Silhouette von Rotterdam überblicken kann.
1664
Spiegel
40
Meter hohes Atrium
In den Eingangsbereichen wurden mehrere ein- und zweiflügelige, automatisch öffnende Schwingtüren nahtlos in die Fassadenkonstruktion integriert.
Die insgesamt 1664 Spiegel, die sich auf 26 umlaufende Reihen à 64 Spiegel verteilen, wurden in eine VISS SG Fassade mit der Anforderung der Einbruchhemmung in der Klasse RC4 montiert. Die Befestigung der zweifach, teils dreifach gewölbten Paneele mittels speziell berechneter Anker erforderte umfangreiches Engineering sowohl vonseiten des Systemgebers Jansen bzw. deren niederländischen Vertriebspartner ODS als auch vonseiten des Fassadenbauers Intal Producties Zuid. Die grösste Herausforderung aber bestand in den Eingangsbereichen, wo mehrere automatisch öffnende Türen mit Schwingflügeln nahtlos in die Fassadenkonstruktion integriert werden sollten. Der Fassadenbauspezialist Sorba Projects entwickelte diese Schwingtüren in Zusammenarbeit mit Intal Producties Zuid. Weil sie ebenfalls verspiegelt sind, teilt sich das Spiegelbild des Besuchers, sobald er sich der Türe nähert. Durch den verhältnismässig kleinen Eingang betritt er das knapp 40 Meter hohe Atrium. Von hier aus führt die Besichtigung über kreuz und quer verlaufende Treppen, Stege und Galerien vorbei an zahlreichen Depots, Ausstellungsräumen und gläsernen Werkstätten zum Dachgarten über dem 6. Obergeschoss. Auf allen Ebenen lassen Innenfenster und raumhohe Festverglasungen keinen Zweifel an der Funktion des Gebäudes: dem Archivieren und Restaurieren wertvoller Kunstwerke. Selbst die Aufzüge fahren an gläsernen Vitrinen vorbei, in denen ständig wechselnde Exponate präsentiert werden. Sämtliche verglasten Innenfassaden wurden im System Jansen VISS RC3 in der Brandschutzanforderung EI60 realisiert und mit wärmegedämmten Janisol C4 RC3 Brandschutztüren ausgestattet. Die Verglasung erfolgte mit eisenarmem Glas; dank seiner merklich neutraleren Farbe gewährleistet dieses Spezialglas den unverfälschten Blick auf die Exponate. 
Im knapp 40 m hohen Atrium führen kreuz und quer verlaufende Treppen und Galerien Besucher vorbei an zahlreichen Depots, Ausstellungsräumen und Werkstätten.
Auf der Dachterrasse erwartet den Besucher ein Skulpturengarten inmitten zahlreicher Bäume. Sie wurden als Ersatz gepflanzt für all diejenigen, die dem Bauwerk weichen mussten. Die VISS Fassaden des Dachaufbaus, der unter anderem ein Restaurant beherbergt, entsprechen der Einbruchhemmung RC2. Von RC4 über RC3 bis RC2: Der Vorteil der Systemlösung mit dem Stahlprofilsystem Jansen VISS liegt darin, dass differenzierte Lösungen in einheitlicher Ansicht realisiert werden können, und weitere Anforderungen – in diesem Fall Brandschutz unterschiedlicher Klassen – ebenfalls optisch unsichtbar integriert werden können.

Schon vor der Eröffnung des Schau-Depots hatte sich die Fassade zum Selfie-Hotspot gemausert. Ein optisch auffälliger Effekt ergibt sich durch die Tatsache, dass die
gewölbten Spiegel an der Fassade das Spiegelbild verzerren, was die Rotterdamer Skyline höher wirken lässt, als sie tatsächlich ist. Die 1664 Spiegel übrigens sind eine „memorial wall“: Sie tragen jeweils den Namen ihrer Spender. 35 private Investoren haben zusammen 92 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit der Traum von einem öffentlich zugänglichen Kunstdepot Wirklichkeit werden konnte. Entstanden ist ein Gebäude, das selbst ein Kunstwerk ist. (AMR)
Bautafel
BAuherr
Depot Boijmans van Beuningen, Rotterdam/NL
ARCHITEKTEN
MVRDV, Rotterdam/NL
Aussenfassade und Montage
objektspezifische Sonderlösung mit Jansen VISS SG RC4
durch Intal Producties Zuid B.V., NS Horst/NL
Zweifach gewölbte Schwingtüren Aussenfassade 
und entwicklung, herstellung und montage
objektspezifische Sonderkonstruktion mit Janisol C4
durch Sorba Projects B.V., Winterswijk/NL und Intal Producties Zuid B.V., NS Horst/NL
Dachaufbauten und montage
Standardlösung mit Jansen VISS RC2
durch ZNR Zuid Nederlandse Ramenfabriek B.V., Rucphen/NL
innenfassaden und montage
objektspezifische Sonderkonstruktion mit VISS RC3 EI60 
durch ZNR Zuid Nederlandse Ramenfabriek B.V., Rucphen/NL
Brandschutztüren und Metallbau
objektspezifische Sonderlösung Janisol C4 RC3 EI60
durch Aalbers Wico, AC Renswoude/NL
Überhohe schiebetüre und metallbau
380 cm hohe Standardlösung Economy 60 EW60
durch Hoefnagels Fire Safety, Tilburg/NL
brandschutz-drehtüren und metallbau
Standardlösung mit Economy 60 EW60
durch ZNR Zuid Nederlandse Ramenfabriek B.V., Rucphen/NL
Fotografie
©  Ossip van Duivenbode / © Tim Fisher Photography